Mittwoch, 1. Mai 2013

                                                                    Straßenlaterne

Eine Straßenlaterne steht in mitten der Stadt. Es ist Nacht. Sie leuchtet nicht. An ihrem Gehäuse kleben alte Aufkleber und der Rost beißt sich mit dem flaschengrün bemalten Eisen. Dreck und Schlamm-Kleckse verdecken die eingearbeiteten Ornamente. Die Laterne steht in einer Seitenstraße neben einem Elektrofachgeschäft. Der Ladenbesitzer zieht die große Stahltür mit einem knarren hinter sich zu und schließt sie mit grimmigem Gesicht. Es beginnt zu regnen. Fußgänger ziehen sich ihre Jacken über die Köpfe und laufen eilig in ihre Häuser. Eine weiße Plastiktüte wird vom Wind durch die Straße gewirbelt und verfängt sich in einem Dornenbusch. Eine alte Dame tappelt geduckt unter ihrem grünen Regenschirm über die Straße. Ein kleines Kind springt durch die Pfützen, ein leises vom Regenfall übertöntes Lachen ist zu vernehmen. Ein stattlich gekleideter Mann packt das Kind am Arm und zerrt es zu sich unter den Regenschirm. Mit tadelndem Blick spricht der Mann zu dem weinenden Kind. Man hört nicht was er sagt, der Regen ist zu laut. Im Schatten der Häuser verschwinden die Beiden. Die Stunden vergehen und die Straßenlaterne leuchtet nicht. Ein Dackel, hinter sich zieht er eine Leine her, stellt sich an die Laterne und hebt sein Bein , plötzlich läuft er weiter. Eine pummelige Frau mit viel zu kurzen Armen kommt der Laterne entgegen gerannt und stützt sich ächzend an ihr, pausiert nur kurz. Die Stunden vergehen und die Straßenlaterne leuchtet nicht. Der Regen hat aufgehört. Ein in Kleiderfetzen gehüllter Mann schlendert die Straße entlang und setzt sich vor die Laterne. Er packt eine kratzig aussehende Wolldecke aus seiner Tasche und legt sie sich um seine Schultern. Er schläft ein. Sein Schnarchen hallt in den engen Gassen wieder. Die Stunden vergehen. Der Mann steht auf und geht. Zwei Jugendliche torkeln die dunkle Straße entlang, sie hängen sich an die Laterne und drehen sich, sie drehen sich solange bis ihnen übel wird. Ein leises knarren, die Laterne steht schief. Die Jugendlichen torkeln weiter die Straße entlang. Plötzlich ist es still. Es ist Morgen. Die Vögel zwitschern. Die Straße ist laut und von Menschen durchflutet. Der Ladenbesitzer öffnet sein Geschäft. Ein hochgewachsener Herr im Blaumann nähert sich der Laterne. Er stellt seinen großen Werkzeugkasten auf den Boden und beginnt zu schrauben. Ein anderer kommt hinzu und beginnt die Laterne zu säubern. Daraufhin zückt er seinen Pinsel und taucht ihn in einen Eimer voll sattem flaschengrün. Ein weiterer wechselt die Birne aus. Die Arbeit ist erledigt, die Männer fahren fort. Es ist wieder Nacht. Die Laterne leuchtet.


 

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